Eindrücke aus dem Großen Saal der Elphi
19.01.2019 07:00
Glückliche 54 Schülerinnen und Schüler unserer Gemeinschaftsschule Meldorf fuhren aufgrund des Losglücks durch den NDR mit dem Bus nach Hamburg, um ein einstündiges Konzert im großen Saal der Elbphilharmonie erleben zu dürfen. Zudem wurde die Fahrt nach Hamburg durch den Praxispool Dithmarschen finanziell unterstützt.
Erst wenige Schüler unserer GMS waren seit Eröffnung vor knapp zwei Jahren in und am Gebäude, nur ein Schüler war bereits Zuhörer bei einer ähnlichen Veranstaltung. Dementsprechend war die Erwartungshaltung bei den Jugendlichen breit gestreut von einer Vorfreude über die Wiedersehensfreude bis hin zur Skepsis, wie das wohl wird mit der klassischen Musik, denn die gab es zu hören.
Das NDR Elbphilharmonie Orchester unter der Leitung von Stefan Geiger spielte Ausschnitte aus Werken von Dmitri Schostakowitsch.
Die Speicherstadt empfing die Elphi-Gäste mit kaltem Wind und feuchter Luft gegen halb Zehn. Einige trauerten ihren im Bus zurückgelassenen Handschuhen nach, da einige Schüler gerne eine kleine Runde in der Speicherstadt drehen wollten. Die Eintrittskarten funktionieren über einen Barcode. Ist der abgelesen, dann kommt man nicht mehr in das Gebäude, wenn man es doch noch einmal verlassen hat. Deshalb mussten einige der Karten von dem freundlichen Personal mit ihrem mobilen Scanner wieder entsperrt werden. Aber um halb Elf führte für die Dithmarscher der Weg über die lange Rolltreppe ins Gebäude. Im Foyer ging es erst einmal nicht weiter, da vor dem Konzert bereits ein solches Konzert für Schulklassen stattgefunden hatte und gewartet werden musste, bis alle Gäste den Saal und die Flure verlassen haben. Die Zeit wurde für Erkundungen genutzt, wie zum Beispiel ein interaktiver Informationstisch. Hier erfuhren die Schüler*innen, dass im großen Saal 2100 Besucher platznehmen können.
Ab Aufgang zu den Fluren und Garderoben war alles sehr gut durchdacht, um den Ansturm der Schulklassen zu bewältigen. Jede Schülergruppe kam nur mit ihrer Lehrkraft weiter. Diese musste als erste Person durch den zweiten Kartencheck und erst, wenn sich die Schülergruppe vollständig auf der Treppe befand, wurde die nächste Gruppe eingelassen. Trotzdem dauerte es seine Zeit, die verschieden genutzt wurde. Einige Mädchen hatten „fremde“ Jungs beobachtet und kommentiert, andere unterhielten sich über ihr Lieblingshobby, wieder andere knüpften eine Unterhaltung mit der vor ihnen stehenden 8. Klasse eines Gymnasiums aus Cuxhaven an oder stellten sich auf einen kleinen Balkon, um ein paar Fotos vom Leben auf der Elbe zu schießen. Endlich vor den Garderoben angekommen, mussten die Taschen und Rucksäcke abgegeben werden – auch wieder clever: klassenweise hinter der Lehrkraft an einem Einweiser vorbei zu einem freien Mitarbeiter, der einen großen Plastiksack mit einer deutlich lesbaren Nummer aufhielt. Die Taschen wurden zurückgelassen, die Jacken mussten in den Saal mitgenommen werden. Immer an der Wand lang suchten die Besucher*innen der GMS ihren Eingang in der 15. Etage. Die 15 Etagen erkennt man nur von außen, wenn man an der Fassade hochschaut. Sitzt man jedoch im Saal, fragt man sich: „Warum die fünfzehnte, wo wir auf der dritten Ebene sitzen und es über uns nur noch zwei Ebenen gibt?“
Die Jugendlichen saßen gerade und es ertönte der obligatorische dritte Gong. Ruhe trat ein und die Blicke schweiften durch den riesigen Konzertsaal an den interessant verkleideten Wänden entlang über die Zuhörer zum Orchesterraum. Nur wenige Plätze waren nicht besetzt.
Unter Beifall betraten die Musiker den Saal und nahmen ihre Plätze ein. Als Letzter bestieg der Dirigent sein Podest. Es ist bestimmt ein merkwürdiges Gefühl für die Musiker, dass hinter ihnen auch das Publikum sitzt. Eigentlich spielt man nach vorne …
Der Dirigent erhob seinen Taktstock und ein kurzes Stück wurde als Ouvertüre gespielt und gleich mit viel Beifall bedacht. Der Dirigent stellte einige Instrumente und ihre Funktion oder auch ihren Klang vor, danach betrat die Moderatorin des NDR die Bühne. Sie machte noch einmal auf die besondere Akustik im Saal aufmerksam, dass jeder wirklich still sein muss, sobald die Musik erklingt, da nicht nur das Publikum an jedem Platz ausgezeichnet und detailliert der Musik lauschen und sie genießen kann, sondern umgekehrt die Musiker jeden Reißverschluss, jedes Hüsteln und Rascheln hört, was eine Ablenkung bedeutet. Die Moderatorin berichtete aus dem Leben und Schaffen Schostakowitsch´, schilderte interessant, was der Komponist unter dem Diktator Stalin erdulden und erleiden musste und erklärte jeweils die nächsten Musikstücke. So fiel es der überwiegenden Mehrheit der Schüler im Saal nicht schwer, die Konzertstunde ruhig durchzuhalten.
Ein weiteres cleveres Detail war, dass das Personal am Treppenaufgang an acht beliebige Schüler vier rote und vier grüne Kärtchen ausgegeben hatte mit dem Hinweis, dass sie irgendwann im Verlaufe des Konzerts angesprochen werden und dann entsprechend reagieren sollten. Die Reaktion bestand darin, dass jeweils die vier Schüler einer Farbe auf der Bühne zwischen den Musikern platznehmen durften, um von dort aus eine Zeitlang der Musik zuzuhören und so ein besonderes Hörerlebnis zu erfahren. Das hätte wohl so manch anderer Gast auch gerne erlebt.
Apropos Hörerlebnis: Plötzlich hört man während des Spiels eine kleine Tonfolge intensiver als die Töne, die das Orchester gerade spielt. Das Gehirn setzt ein und grübelt, welches Instrument diese Tonfolge gespielt hat. Dann die Erkenntnis: Das muss eine Harfe gewesen sein. Die Augen beginnen, das Orchester nach einer Harfe abzusuchen und tatsächlich steht zwischen den Violinen, Tasteninstrumenten und Holzbläsern eine Harfe. So oder ähnlich erging es einem öfter. Äußerst interessant, dass man wirklich die einzelnen Instrumente, so sie denn wirklich als Soloinstrument vorhanden waren, heraushören und erkennen konnte. Von der erhöhten Position konnten sich alle Schüler*innen die akustische Wahrnehmung sehr gut visuell bestätigen lassen. Die Augen fanden gelenkt durch die Ohren ihr Ziel: „Wirklich ein Hochgenuss.“
Obwohl das gesamte Konzertpublikum stark applaudierte, gab es leider keine Zugabe mehr. Auch wenn vielleicht nicht jeder junge Besucher von dem Hörgenuss der klassischen Musik überzeugt werden konnte – Geschmäcker sind nun mal verschieden -, so wird das Konzert insgesamt wohl doch länger in Erinnerung bleiben und der eine oder die andere später irgendwann wieder der „Elphi“ einen Besuch abstatten. Es muss ja nicht unbedingt Klassik sein.